Montag, Februar 23, 2009

 

"Must-carry rule" für Internetbrowser


Die möglichen Abhilfemassnehmen im neuen Verfahren der Europäischen Kommission i.S. Microsoft Internet-Browser scheinen sich zu bestätigen. EurActiv hat diesbezüglich einen aufschlussreichen Beitrag veröffentlicht:

http://www.euractiv.com/de/informationsgesellschaft/eu-zwingt-microsoft-angebot-anderer-browser/article-179659

Gemäss EurActiv ist damit zu rechnen, dass Microsoft im Falle der Bestätigung der vorläufigen Beurteilung dazu gezwungen werden könnte, dem Anwender bei der Installation des Browsers die Wahl zu lassen, welche(n) Browser er installieren will:

"To this end, Microsoft will be obliged to design Windows in a way that allows
users "to choose which competing web browser(s) instead of, or in addition to,
Internet Explorer they want to install and which one they want to have as
default,"


Interessant ist auch das Zitat betreffend die Abhilfemassnahmen in Sachen MediaPlayer:
"That remedy was rubbish," acknowledged an official in the Commission's
competition department. "

Das wussten wir ja schon lange ... wir sind gespannt auf die Fortsetzung.

Dienstag, Februar 10, 2009

 

Preisempfehlungen - quo vadis?


Das Sekretariat der Schweizer Wettbewerbskommission (Sekretariat) hat über ihre Untersuchung betreffend Publikumspreisempfehlungen für nichtkassenpflichtige Medikamente informiert:

http://www.news-service.admin.ch/NSBSubscriber/message/de/25250

Der Pressemitteilung ist zu entnehmen, dass das Sekretariat in ihrem Antrag zum Schluss gelangt, dass die Publikumspreisempfehlungen von Pfizer, Eli Lilly und Bayer für ihre Medikamente Viagra, Cialis und Levitra zu unzulässigen Wettbewerbsabreden bzw. Preisfixierung im vertikalen Verhältnis geführt haben (Art. 5 Abs. 4 des Kartellgesetzes). Das Sekretariat scheint insbesondere aufgrund der Einhaltung der Publikumspreisempfehlung durch einen grossen Teil der Verkaufsstellen zum Schluss gekommen zu sein, dass die Preisempfehlung den Effekt eines Festpreises hat.

Die Untersuchung ist noch hängig und die Verfahrensparteien haben nunmehr die Möglichkeit zum Antrag Stellung zu nehmen. Es ist nicht auszuschliessen, dass die Schweizer Wettbewerbsbehörde in diesem Fall eine nicht unerhebliche Geldbusse aussprechen wird. Die Maximalbusse beträgt bis zu 10% des in den letzten drei Jahren in der Schweiz erzielten Umsatzes (Art. 49a Abs. 1 des Kartellgesetzes).

Diese Vorgehensweise der Schweizer Wettbewerbsbehörde ist im Zusammenhang mit der allgemein wesentlich restriktiveren Politik gegenüber vertikalen Vereinbarungen auf allen Ebenen zu sehen. Insbesondere in der Bekanntmachung über die wettbewerbsrechtliche Behandlung vertikaler Abreden (in Kraft seit 1. Januar 2008) beinhaltet einen im Vergleich zum Europäischen Wettbewerbsrecht wesentlich restriktiveren Ansatz bezüglich Preisempfehlungen.

Montag, Januar 26, 2009

 

Choose your browser: Abhilfemassnahmen im Microsoft-Fall


Nachdem nun bekannt ist, dass die Europäische Kommission schon das Statement of Objections Microsoft zugestellt hat, erfahren wir nun mehr über die möglichen Konsequenzen.

Microsoft hat in ihrem aktuellsten SEC filing "Second quarter Form 10-Q" bekanntgegeben, was die Europäische Kommission zur Wiederherstellung des Wettbewerbs im Browser-Markt beabsichtigt (sofern denn der Wettbewerb effektiv beeinträchtigt ist):

"The statement of objections seeks to impose a remedy that is different than
the remedy imposed in the earlier proceeding concerning Windows Media Player.
While computer users and OEMs are already free to run any Web browsing software
on Windows, the Commission is considering ordering Microsoft and OEMs to
obligate users to choose a particular browser when setting up a new PC. Such a
remedy might include a requirement that OEMs distribute multiple browsers on new
Windows-based PCs. We may also be required to disable certain unspecified
Internet Explorer software code if a user chooses a competing browser. The
statement of objections also seeks to impose a significant fine based on sales
of Windows operating systems in the European Union.
"


Wenn also der Computer-Anwender - obwohl er könnte - keinen alternativen Browser installiert, so muss er laut der Europäischen Kommission dazu gezwungen werden. Ein interessanter Ansatz. Die Kommission sieht also das Betriebssystem als essentielle Vertriebsplattform und will entweder den Anwender zwingen vorab seinen Browser zu wählen oder gleich mehrere Browser installieren lassen. Ich frage mich, ob dies den Durchschnittsverbraucher nicht verwirren wird ...

Weiter scheint unklar, was die Konsequenz für weitere Produktbestandteile des Windows-Betriebssystems sein wird. Müssen diese Bestandteile nun auch multipel installiert werden? Müssen nun neben MSN/Windows Messenger auch ICQ & Co zusätzlich installiert werden? Wie sieht es mit Virenscannern und der Firewall aus?

Klar scheint sich aber zu zeigen, dass die Kommission mit der im ersten Microsfot-Fall gewählten Abhilfemassnahme nicht (mehr) glücklich ist. Die Verpflichtung zum Verkauf einer Version des Betriebssystems ohne Media Player (sog. "Windows XP N") hatte nicht den gewünschten Effekt (es wurden offenbar nur wenige hundert Exemplare ausgeliefert).

Sonntag, Januar 18, 2009

 

DG COMP vs. Microsoft Reloaded


Die Microsoft-Saga scheint weiterzugehen. Am Samstag hat die Europäische Kommission bekannt gegeben, dass Microsoft erneut Beschwerdepunkte (Statement of Objections) zugestellt wurden.

Hier findet sich die Pressemitteilung der Kommission:
http://europa.eu/rapid/pressReleasesAction.do?reference=MEMO/09/15&format=HTML&aged=0&language=DE&guiLanguage=en

Demnach geht die Kommission davon aus, dass die Bündelung des Internet Explorers mit dem Betriebssystem Windows "den Wettbewerb zwischen Web-Browsern behindert, die Produktinnovation unterläuft und dadurch letztlich die Auswahl für die Verbraucher einschränkt" und demnach Art. 82 EG verletze. Gemäss Aussagen der Kommission seien bei der Beurteilung die rechtlichen und ökonomischen Grundsätze des ersten Microsoft-Verfahrens (Teilbereich Media Player) zur Anwendung gekommen. Der Vorwurf ist, dass "ein künstlicher Vertriebsvorteil für den Internet Explorer geschaffen werde, der aufseiten anderer Web-Browser nicht ausgeglichen werden könne". Führt man diesen Gedanken zu Ende, so führt dies wohl dazu, dass sämtliche Bestandteile des "Windows Pakets" ungerechtfertigterweise mit dem Betriebssystem gebündelt werden ... we will see.

Microsoft hat nun 8 Wochen Zeit zur Stellungnahme. Danach wird - falls von Microsoft gewünscht - eine mündliche Anhörung stattfinden bevor die Kommission entscheidet. Sollte die Kommission erneut entscheiden, dass eine Bündelung unzulässig ist, so hat Microsoft wiederum mit einer erheblichen Busse (als "Wiederholungstäter") zu rechnen.

Interessant scheint mir das Timing des Verfahrens. Die Beschwerdepunkte wurden am letzten Tag der Bush-Administration veröffentlicht. Wir erinnern uns, dass das Bundling von Internet Explorer mit dem Betriebssystem Windows schon einmal Gegenstand eines wettbewerbsrechtlichen Verfahrens war. Im Jahr 1998 eröffnete das U.S. Department of Justice (DOJ) zusammen mit 20 U.S. Bundesstaaten in dieser Sachen ein Verfahren gegen Microsoft (siehe hier die relevanten Dokumente). In diesem Verfahren wurde am 7. Juni 2000 durch Richter Thomas Penfield Jackson die Aufteilung von Microsoft in zwei Unternehmensteile angeordnet. Kurz bevor eine neue Richterin dieses Verfahren fortsetzen konnte, liess das durch den damaligen Präsidenten Bush neu besetzte DOJ verlauten, dass nun plötzlich keine Aufteilung von Microsoft mehr beabsichtigt wird. Es kam zu einem Settlment zwischen Microsoft und DOJ, wonach insbesondere gewisse Interface Informationen zugänglich gemacht werden. Diese Massnahmen wurden damals von einigen Kommentatoren als unzureichend und als Entgegenkommen der Bush-Administration interpretiert. Jetzt, nachdem eine personelle Änderung bei der U.S. Behörde absehbar ist, scheint die Kommission nun also dieses mehr als 10 Jahre alte Verfahren nochmals in Europa aufzugreifen ...

Donnerstag, Januar 15, 2009

 

Die Katze ist aus dem Sack: Evaluationsbericht zum Kartellgesetz


Das Eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement hat heute den lange erwarteten Evaluationsbericht zum Kartellgesetz veröffentlicht. Der Evaluationsbericht wurde auf Basis von Art. 59a des 2003 revidierten Kartellgesetzes durch die Evaluationsgruppe Kartellgesetz im Auftrag des Bundes erstellt.

Hier findet sich die Pressemitteilung:
http://www.news.admin.ch/dokumentation/00002/00015/?lang=de&msg-id=24863


Der Gesamtbericht findet sich hier:
http://www.news-service.admin.ch/NSBSubscriber/message/attachments/14685.pdf

Im Rahmen der Erstellung des Syntheseberichts wurden zahlreiche Befragungen der Stakeholders durchgeführt und Einzelstudien zu Teilbereichen erstellt. Zudem wurden mehrere Expertenberichte zu Sonderfragen erstellt. Sämtliche relevanten Anhänge zum Evaluationsbericht finden sich hier:

http://www.weko.admin.ch/dokumentation/00216/index.html?lang=de

Der Synthesebericht enthält einige spannende Resultate:

  • Die geltende Organisation der Weko ist "zwingend zu ändern". Die Wettbewerbsbehörden sind dabei umfassend unabhängig auszugestalten (insbesondere ohne Interessenvertreter/innen), das Entscheidgremium ist zu professionalisieren und die Wettbewerbsbehörden sind in eine einstufige Behörde zu überführen.
  • Die Möglichkeiten zur internationalen Zusammenarbeit sind zu verbessern. Gewünscht werden Kooperationsabkommen zur Ermöglichung des Austauschs von vertraulichen Informationen.
  • Harmonisierung der Fusionskontrolle mit der EU, Einführung eines zeitgemässen Instrumentariums (SIEC-Test, Effizienzeinrede und dynamischer Konsumentenwohlfahrt-Standard) sowie die Überprüfung der Aufgreifkriterien von Zusammenschlüssen.
  • Aufgrund der Vertikalbekanntmachung und der gesetzlichen Regelung betr. Vertikalabreden besteht die Gefahr, dass effiziente vertikale Vereinbarungen zwischen Marktteilnehmenden verschiedener Marktstufen verhindert werden. Anpassungen in Gesetz und Vollzug sind deshalb notwendig. Bei der Beurteilung muss auch dem Wettbewerb zwischen Marken (Interbrand-Wettbewerb) Bedeutung zukommen.
  • Zivilrechtliches Verfahren ist aufzuwerten (Beweisführung, der Aktivlegitimation und dem Schadenersatz).
  • Punktuelle Anpassungen im Verfahrensrecht notwendig.
  • Einführung von Verwaltungssanktionen gegen natürliche Personen ist deshalb zu prüfen (inkl. Bonusregelung für natürliche Personen).

Das wird für einigen Gesprächsstoff sorgen. Gewisse dieser Punkte könnten die bisherigen Praxis und Ausrichtung der Schweizer Wettbewerbspolitik grundlegend und nachhaltig verändern. Jetzt können wir gespannt die weiteren Entwicklungen abwarten.

 

Back to life!


Liebe Blog-Leserinnen und -Leser

Lange ist es her. Mit Schrecken habe ich festgestellt, dass ich meinen Blog nun schon seit mehr als einem Jahr sträflichst vernachlässigt habe. Die Belastung im Anwaltsleben war hier ein nicht zu unterschätzender Faktor ....

Unterdessen gibt es gewichtige Veränderungen zu berichten: Nach etwas mehr als zwei Jahren an meiner alten Arbeitsstelle habe ich mich zu einer Neuorientierung entschlossen. Seit dem 1. Januar 2009 arbeite ich nun als Anwalt im Zürcher Büro der Anwaltskanzlei Schellenberg Wittmer und bin hauptsächlich in den Bereichen des CH- und EU-Wettbewerbsrechts, sowie IP- und IT-Recht tätig. Ich verstärke hier das schlagkräftige Team rund um die Wettbewerbsrechts-Koryphäe Jürg Borer.

Ich hoffe, dass ich mit frischem Elan und Tatendrang diesen Blog wiederum ein bisschen regelmässiger "füttern" kann!

Montag, September 17, 2007

 

Microsoft: Entscheidung des CFI


Heute um 0940 Uhr wurde die Pressemitteilung des Europäischen Gerichts erster Instanz in Sachen Microsoft v Kommission veröffentlicht:

PRESS RELEASE No 63/07; 17 September 2007; Judgment of the Court of First Instance in Case T-201/04

Das Gericht erster Instanz hat entschieden, dass die die Entscheidung der Kommission in Bezug auf den Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung korrekt war. Beide Teile der Entscheidung (Interoperabilitätsinformationen und Unbundling des Media Players) wurden bestätigt. Die Busse wurde in der Höhe von EUR 497 Millionen ebenfalls bestätigt.

Aufgehoben wurde jedoch die Einsetzung des sog. "Monitoring Trustees". Dies sei gesetzlich nicht vorgesehen und würde die Kompetenzen der Kommission überschreiten.

Die Entscheidung im Volltext ist zur Zeit erst bei Microsoft selbst abzurufen:

http://www.microsoft.com/presspass/presskits/eucase/default.mspx

In den nächsten Tagen und Wochen werden wohl noch viele Diskussionen und Artikel diesbezüglich erfolgen. Es ist prima vista erstaunlich, dass insbesondere die Offenlegung der Interoperabilitätsinformationen ohne weiteres bestätigt wurde. Dies wird erhebliche Auswirkungen auch in anderen Fällen haben. Mit dieser Entscheidung wurde der Anwendungsbereich des Missbrauchstatbestands der "Verweigerung einer Geschäftsbeziehung" erheblich erweitert.

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Donnerstag, Juni 28, 2007

 

Resale Price Maintenance: The Wind has changed!


Wie hier schon im Januar angekündigt (siehe "Resale Price Maintenance: The wind of change?") ist das Thema Preisbindung zweiter Hand / Resale Price Maintance (RPM) zur Zeit in den USA wieder aktuell. Der US Supreme Court hatte sich im Fall LEEGIN CREATIVE LEATHER PRODUCTS, INC., v. PSKS, INC., KAY’S KLOSET mit der Frage auseinanderzusetzen, ob RPM per se illegal sei oder ob die sog. rule of reason zur Anwendung kommt, also die Wettbewerbsbeschränkung je nach Sachlage analysiert werden muss.

Der US Supreme Court hat heute sehr knapp (5 zu 4 Stimmen) dafür entschieden die bald 100 Jahre alte Dr. Miles Praxis (vgl. Dr. Miles Med. Co. v. John D. Park & Sons Co., 220 U.S. 373 (1911)), nach welcher RPM per se illegal ist, aufzuheben. Grund hierfür waren ökonomische Überlegungen, wonach RPM Vereinbarungen einen positiven wirtschaftlichen Gesamteffekt (vor allem auch auf den Interbrand-Wettbewerb) haben können. Wichtig für den Wettbewerb ist nicht einzig der Intrabrand-Wettbewerb (Wettbewerb innerhalb derselben Marke), sondern vor allem der Interbrand-Wettbewerb (Wettbewerb zwischen verschiedenen Produkten/Marken). Neu wird also RPM in den USA nach dem rule of reason Standard beurteilt, womit die Vereinbarung eines Minimalpreises in vertikalen Vertragsbeziehungen nicht mehr per se illegal ist.

Die Entscheidung des US Supreme Court findet sich hier:

http://www.supremecourtus.gov/opinions/06pdf/06-480.pdf

Jetzt kann man gespannt sein, wie diese Entwicklung auf unserer Seite des Atlantiks rezipiert wird. In der Schweiz schienen ja die Fronten diesbezüglich
bisher eher verhärtet (siehe z.B. "Schweiz: Vernehmlassung zur neuen Bekanntmachung über Vertikalabreden").

 

Wettbewerbskommission: Vernehmlassungsbericht zur Erschöpfung im Patentrecht


Nachdem ich in Bezug auf die Pressemitteilung vom 26. Juni 2007 zur Frage der internationalen Erschöpfung im Patentrecht die fehlende Begründung kritisierte, findet sich nun heute der zugehörige Vernehmlassungsbericht (nur auf Französisch) auf der Webseite der Wettbewerbskommission:

Révision de la loi sur les Brevets d’invention – Décision sur le système d’épuisement en droit des brevets – Procédure de consultation

Dieses Schreiben beinhaltet nun einige weitere Argumente und Ausführungen der Weko zu dieser Thematik.

Weitere Hintergründe und den Bericht des Eidgenössischen Instituts für gesitiges Eigentum finden sich hier: Parallelimporte

Mittwoch, Juni 27, 2007

 

EU: Untersagung Ryanair - Aer Lingus


Die Europäische Kommission hat heute die Übernahme von Aer Lingus durch Ryanair untersagt:

Fusionskontrolle: Kommission untersagt geplante Übernahme von Air Lingus durch Ryanair

Diese Untersagung ist die erste seit 3 Jahren (damals wurde der Energiedeal EDP/GDP untersagt) und meines Wissens die erste Untersagung eines Zusammaneschlusses von Fluggesellschaften. Dies ist interessant, da sämtliche Konsolidierungen in der europäischen Flugbranche (z.B. LUfthansa/Swiss, Lufthansa/Eurowings, Air France/KLM, etc.) bisher zugelassen wurde (zum Teil mit Zusagen). Dass nun ausgerechnet ein Zusammenschluss der Low-cost Carrier untersagt wird, dürfte nicht überall verstanden werden (insbesondere CEO Michael O'Leary wird sich dagegen wehren). Knackpunkt in diesem Fall war wohl, dass es sich um zwei in Irland stationierte Gesellschaften handelte und so der irische Markt unter Umständen besonders davon betroffen sein könnte.

Im Bewusstsein um dies Problemlage hat die Kommission zudem ein klärendes FAQ veröffentlicht:

Mergers: Commission's prohibition of Ryanair's proposed acquisition of Aer Lingus – frequently asked questions

Dienstag, Juni 26, 2007

 

Wettbewerbskommission: Nationale, regionale oder internationale Erschöpfung?


Die Wettbewerbskommission hat heute eine Stellungnahme zur derzeit andauernden Diskussion zur Frage der nationalen Erschöpfung im Schweizerischen Patentgesetz abgegeben:

Patentrecht – Die Weko spricht sich für einen Wechsel im System der Erschöpfung aus

Gemäss der - sehr kurz gehaltenen und kaum begründeten - Pressemitteilung empfiehlt die Wettbewerbskommission eine Abkehr der bisher geltenden nationalen Erschöpfung im Patentrecht. Dies wird damit begründet, dass so die Märkte für ausländische Importe geöffnet werden. Dies sei notwendig, da der nationale Markt abgeschottet sei. Interessanterweise führt die Wettbewerbskommission jedoch keine Beispiele für effektiv vorgefundene Marktabschottungen an. So ist in den letzten Jahren auch in der Praxis kein derartiger Fall bekannt.

Die Wettbewerbskommisison schlägt vor die internationale oder eventuell die regionale Erschöpfung innerhalb der EU einzuführen. Die zweite Option erscheint problematisch, scheint sie doch ein völkerrechtswidriges Verhalten vorzuschlagen. Die Einführung einer regionalen Erschöpfung stünde im Widerspruch zu den WTO Abkommen.

Dienstag, März 27, 2007

 

Vertikalvereinbarungen: "Streit um Preisempfehlungen"


In der heutigen Online-Ausgabe des Tagesanzeigers findet sich ein interessanter Artikel zur Thematik der Preisempfehlungen: "Streit um Preisempfehlungen".

Wie hier schon angekündigt, beabsichtigt die Wettbewerbskommission in der Neufassung der Bekanntmachung über Vertikalabreden die Preisempfehlung einer Preisfixierung gleichzustellen. Diesem Ansatz haben nun offenbar in der Vernehmlassung diverse Anwaltskanzleien und Wirtschaftsverbände widersprochen. Hauptargument der Kritiker sei, dass ein "pauschales Verbot von Preisempfehlungen [...] aus dem Kartellgesetz nicht abgeleitet werden könne". Das ist korrekt, denn Art. 5 des Kartellgesetzes erfasst einzig Abreden und nicht unilaterale Verhaltensweisen, wie z.B. Empfehlungen.

Der Hinweis im Artikel des Tagesanzeigers, dass die EU-Kommission "dem Autohersteller VW [untersagte], seinen Händlern in Deutschland einen Listenpreis für den VW Passat anzugeben" ist nicht ganz korrekt. Sehr wohl hat die EU-Kommission in ihrer Entscheidung 2001/711/EG vom 29. Juni 2001 in einem Verfahren nach Artikel 81 EG-Vertrag (Sache COMP/F-2/36.693 - Volkswagen) (ABl. L 262, S. 14) eine Empfehlung zur Preisdiziplin beim Volkswagen Passat als unzulässig gewertet. Diese Entscheidung wurde sodann aber vom Gericht erster Instanz (Urteil vom 3. Dezember 2003 in Rechtssache T-208/01) aufgehoben (siehe auch "Volkswagen/Kommission: Begriff einer "Vereinbarung" i.S.v. Art. 81 EGV") und dies wurde vom Europäischen Gerichtshof bestätigt (Urteil vom 13. Juli 2006 in Rechtssache C-74/04) bestätigt. Die blosse Angabe eines Listenpreises ist demnach in der EU zulässig. Nicht zulässig wäre eine Vereinbarung über die Verbindlichkeit des empfohlenen Preises. Aus der EU-Praxis kann somit nicht abgeleitet werden, dass eine Gleichstellung von Preisfixierung und Peisempfehlung angebracht ist.

Weiter erwähnt der Artikel die Streitfrage ob Interbrand-Wettbewerb (Markenwettbewerb) zur Widerlegung der Vermutung einer Beseitigung des Wettbewerbs beigezogen werden kann. Der Entwurf der Bekannmachung will dies nicht zulassen und der Artikel geht davon aus, dass dies der Regelung in der EU entspreche. Den EU-Leitlinien für vertikale Beschränkungen ist jedoch Folgendes zu entnehmen:

"Bei den meisten vertikalen Beschränkungen ergeben sich Probleme für den Wettbewerb nur bei unzureichendem Markenwettbewerb, d. h., wenn beim Lieranten oder beim Käufer oder bei beiden eine gewisse Marktmacht vorhanden ist." (Rz 6)

"Eine starke Konkurrenz bedeutet grundsätzlich, dass die Einschränkung des markeninternen Wettbewerbs durch ausreichenden Markenwettbewerb problemlos kompensiert wird." (Rz 188)
Somit findet sich auch für diesen Ansatz keine vollumfängliche Unterstützung in der Praxis der EU.

Donnerstag, März 22, 2007

 

Schweizer Fusionskontrolle: Neue Entscheide des Bundesgerichts


Das Schweizerische Bundesgericht hat heute zwei Fusionskontroll-Entscheidungen der Wettbewerbskommission definitiv aufgehoben:

BGE 2A.325/2006 i.S. Unternehmenszusammenschluss Swissgrid

BGE 2A.327/2006 i.S. Unternehmenszusammenschluss Berner Zeitung/Tamedia/20 Minuten

In den beiden Entscheidungen finden sich diverse interessante Erwägungen. Prima vista fallen folgende Punkte auf:


Mittwoch, März 21, 2007

 

"Wettbewerbshüter im Kreuzfeuer"


Die Kollegen Marcel Meinhardt und Astrid Waser kritisierten anlässlich des letzten Immaterialgüter- und Wettbewerbsrechtsseminar am Europa-Institut Zürich diverse Praktiken der Schweizer Wettbewerbskommission. Der Tagesanzeiger berichtet hierzu im Artikel "Wettbewerbshüter im Kreuzfeuer" :

"Vorabklärungen. Die Behörde informiert teilweise über so genannte Vorabklärungen und nennt Namen der untersuchten Firmen. «Das Kartellgesetz stellt dafür keine Rechtsgrundlage dar», sagte Meinhardt. Im Klartext: Mit jeder Publikation einer Vorabklärung, etwa im Fall Armasuisse/Transporthelikopter, verletze das Sekretariat das Gesetz.

Stand des Verfahrens. Das Sekretariat informiert vor Abschluss des Verfahrens über seinen Antrag an die Wettbewerbskommission, so zuletzt passiert beim Tessiner Asphaltkartell. «Das Gesetz ermächtigt die Behörde nicht zu einem solchen Schritt», so Meinhardt, der eine der beklagten Parteien vertreten hat.

Voreingenommenheit. Die Behörde unterstellt Unternehmen ein wettbewerbswidriges Verhalten, ohne dass es zu einer Verurteilung gekommen wäre. Beispiel Ticketcorner. Vor Weihnachten stellte das Sekretariat seine Untersuchungen gegen das Billettvermittlungs-Unternehmen ein. Dennoch hiess es in der Mitteilung, dass Ticketcorner seine «marktbeherrschende Stellung missbraucht hatte». Und dies obwohl die Rekurskommission den Entscheid der Wettbewerbskommission vollständig aufgehoben hatte."
In einem der Fälle wurde eine Aufsichtsbeschwerde gegen das Sekretariat eingereicht. Aufsichtsstelle ist der Präsident der Wettbewerbskommission, Walter Stoffel.



 

Preisüberwacher: Horizontale Kartelle sind nicht mehr bedeutsam


Ihm Jahresbericht 2006 des Preisüberwachers (Rudolf Strahm) findet sich die folgende - sehr bemerkenswerte - Aussage:

"Mit wenigen Ausnahmen ist heute nicht mehr das Horizontalkartell (horizontale Preis-, Mengen- und Gebietsabsprache unter Händlern auf gleicher Vertriebsstufe) bedeutsam."

Eine interessante Aussage, insbesondere wenn man das vorangehende Posting beachtet. Die Europäische Kommission setzt sich intensiv mit Kartellen auseinander.

Der Preisüberwacher scheint vielmehr ein Problem bei vertikalen Vereinbarungen zu sehen. Insbesondere seien Preisempfehlungen problematisch. In den USA diskutiert man gleichzeitig ob vertikale Preisbindung überhaupt noch als problematisch erachtet werden sollte ("
Resale Price Maintenance: The wind of change?").

In der Schweiz herrschen scheinbar eine gewisse Bedenken bezüglich vertikaler Absprachen. Siehe hierzu auch die Stossrichtung der Wettbewerbskommission in ihrer Vernehmlassung zu zu einer neuen Bekanntmachung für Vertikalabreden.

 

EU-Kartellstatistik


Die Europäische Kommission hat eine Statistik der von ihr seit 2002 entschiedenen Kartellfälle inkl. den ausgesprochenen Bussen veröffentlicht: "Cartel statistics"

 

Publikation zur EU-Bussgeldleitlinie


Gerne weise ich auf eine kürzlich erschienene Publikation von Wouter P.J. Wils (vom Legal Service der Europäischen Kommission) zu den EU Bussgeldleitlinien hin: "The European Commission's 2006 Guidelines on Antitrust Fines: A Legal and Economic Analysis"


Dienstag, März 20, 2007

 

Zurück aus der Versenkung


Nach einem Monat ohne Blogging-Aktivität melde ich mich wieder zurück. Regelmässige Leser haben sich schon beschwert .... nach vier- arbeitsbedingt - anstrengenden, aber lehrreichen Wochen melde ich mich wieder zurück. Ich werde versuchen, die wichtigsten Ereignisse der letzten noch aufzuarbeiten.

Dienstag, Februar 13, 2007

 

Entwurf von Leitlinien für Fusionen von vertikal oder konglomerat miteinander verbundenen Unternehmen


Die europäische Kommission hat heute den lange erwarteten Entwurf für die Leitlinien für Fusionen von vertikal oder konglomerat miteinander verbundenen Unternehmen (Draft Commission Guidelines on the assessment of non-horizontal mergers) veröffentlicht. Siehe hier auch die Pressemitteilung (Einleitung einer Konsultierung der Öffentlichkeit zu dem Entwurf von Leitlinien für Fusionen von vertikal oder konglomerat miteinander verbundenen Unternehmen).

Lange war ja nicht klar ob nach dem Erlass der Leitlinien für horizontale Fusionen überhaupt eine entsprechende Leitlinie für "nicht-horizontale" Transaktionen veröffentlicht wird. Problematisch war vor allem das teilweise unklare ökonomische Fundament gewisser Theorien der Kommission.

In diesem Lichte erstaunen die äusserst knappen Ausführungen in den Leitlinien (nur 25 Seiten, davon nur knapp 5 Seiten zu konglomeralen Transaktionen).

Prima vista ist interessant zu sehen, dass die Kommission einen "safe harbour" einrichten will für Fälle in denen die Marktanteile unter "[30%]"(vgl. auch Verordnung 2790/1999 zu den vertikalen Vereinbarungen) liegen und keine HHI-Konzentration von mehr als "[2000]" vorliegt. Die Klammern weisen wohl darauf hin, dass hier noch ein gewisser Anpassungsspielraum besteht.

Die Kommission beabsichtigt einen Erlass der endgültigen bis Ende 2007. Stellungnahmen können bis 12. Mai 2007 eingereicht werden (http://ec.europa.eu/comm/competition/mergers/legislation/merger_guidelines.html)

Donnerstag, Januar 25, 2007

 

Resale Price Maintenance: The wind of change?


Das Thema der Resale Price Maintenance (RPM) oder Preisbindung der zweiten Hand bzw. vertikale Preisbindung ist zur Zeit wieder aktuell in den USA. Zur Erinnerung: Seit der Entscheidung Dr. Miles Med. Co. v. John D. Park & Sons Co., 220 U.S. 373 (1911) wird in den USA eine Vereinbarung über die Festsetzung des Verkaufspreises in einem vertikalen Vertragsverhältnis "per se" als illegal nach Section 1 des Shearman Act erachtet.

Im derzeit vor dem Supreme Court hängigen Verfahren LEEGIN CREATIVE LEATHER PRODUCTS, INC., v. PSKS, INC., KAY’S KLOSET besteht nun die Möglichkeit diese fast 100-jährige Doktrin zu kehren. Das Department of Justice und die Federal Trade Commission, die beiden Wettbewerbshüter der USA, haben nun in einer Amicus Curiae Eingabe beantragt, dass RPM nicht mehr der per se rule unterstellt wird, sondern nach der rule of reason auf ihre Vereinbarkeit mit dem Wettbewerb geprüft wird.

So argumentieren das DOJ und FTC, dass RPM sowohl pro- wie auch antikompetitive Effekte haben kann und dies jeweils im Einzelfall zu beurteilen ist:

"Because the effects of RPM can be either anticompetitive or procompetitive depending on the facts in a given case, a per se rule is clearly inappropriate. There is a widespread consensus of opinion that RPM, like non-price vertical restraints, can have a variety of procompetitive effects that enhance consumer welfare. By reducing intrabrand competition, RPM can stimulate interbrand competition by giving retailers incentives to promote the manufacturer’s brand in ways that are desirable for both consumers and the manufacturer. RPM may ensure sufficient margins and incentives for retailers to engage in beneficial point-of-sale services, because it prevents “free riding” by price-cutting dealers that would otherwise make it unprofitable for retailers to incur the cost of providing those services. That potential is magnified by the advent of high-volume Internet retailers. Even absent free riding, RPM may give retailers economic incentives to make additional non-price sales efforts, such as investing in attractive stores and locations or stocking greater quantities of a product in the face of uncertain consumer demand. And, at least for some products, RPM may also serve the manufacturer’s interest in preserving brand reputation and consumer loyalty. "

Dies steht diametral entgegen dem gegenwärtigen Trend in der Schweiz. Die Wettbewerbskommission und das Sekretariat scheinen sich hier immer mehr auf vertikale Vereinbarungen zu konzentrieren und schlagen in ihrem Entwurf - Vernehmlassung Wettbewerbsrechtliche Behandlung vertikaler Abreden (Revision) vor, dass selbst blosse Preisempfehlungen als Preisfixierung angesehen werden sollte, welche vermutungsweise den Wettbewerb beseitigen! Die ökonomische Bewertung der RPM scheint sich dies- und jenseits des Teichs erheblich zu unterscheiden ...

Mittwoch, Januar 24, 2007

 

iTunes und Wettbewerbsrecht


Zur Abwechslung mal wieder ein Beitrag zu den internationalen Entwicklungen. Nicht zum ersten Mal berichte ich hier über die wettbewerbsrechtlichen Implikationen des iPod/iTunes Geschäftsmodell (siehe iTunes DRM, essential facility und Interoperabilität und DRM Regulierung in Frankreich: Ein erster Interpretationsversuch).

Zur Zeit ist die Thematik in Europa aktuell (siehe den Beitrag bei Heise: Europäische Verbraucherverbände gemeinsam gegen iTunes) wo verlangt wird, dass "iTunes ... seine Verträge mit der Musikindustrie neu aushandeln, sodass Songs auch ohne DRM-Systeme heruntergeladen werden können". Es scheint natürlich fraglich ob bei diesem ergebnisorientierten Ansatz Apple wirklich der korrekte Ansprechpartner ist. Wieso werden diese Forderungen nicht gegenüber der Musikindustrie getätigt?

Interessanter sind da die laufenden Gerichtsverfahren in den USA. Vor dem U.S. District Court for the Northern District of California ist zur Zeit eine Klage hängig eines iPod-Besitzers der die enge Verknüpfung iTunes/iPod kritisiert. Unter anderem wird in der Klageschrift Apple vorgeworfen, dass der iPod nicht mit dem Musiksystem von Microsoft, WMA, kompatibel ist:

"The protected music file format used by most Online Music stores is the WMA format. ... There are no technological limitations preventing the iPod from supporting WMA playback. ... By preventing the iPod from playing WMA or any other protected music format besides FairPlay-modified AAC format, iPod owners' only option to purchase Online Music is to purchase from Apple's Music Store. This constitutes an illegal tie in violation of antitrust laws."

In ihrer "motion to dismiss" antwortete Apple wie folgt:

"Without DRM, legal online music stores would not exist. Thus, this complaint does not challenge Apple's use of some form of DRM. Rather, it attacks Apple's decision to develop and use its own DRM rather than licensing and using Microsoft's. As a matter of antitrust law, however, that theory is so unsupportable that plaintiff cannot bring herself to identify Microsoft as the maker of the software that she contends Apple should be forced to use. Enhancing Microsoft's dominance is obviously not a goal of the antitrust laws. But the central flaw of this complaint is much broader than that. No matter who makes the software, the antitrust laws simply do not require Apple or anyone else to use another company's technology."

Ich teile hier die Meinung von Apple. Anders zu argumentieren würde ja bedeuten, dass der iPod quasi eine essential facility darstellt. Der Unterschied ist jedoch, dass hier sogar der Eigentümer der "facility" dazu verpflichtet würde die Technologie eines Dritten zu lizenzieren. Dies kann nicht der Fall sein. Zudem ist sich der informierte Konsument bewusst, dass men auf einem iPod nur iTunes Muik abspielen kann. Dass er dann in einem sogenannten "aftermarket" eingeschlossen wird hat er beim Plattform-Entsceid berücksichtigt. Dies ist nicht anders bei Videospielplattformen oder bei Druckern/Druckerpatronen.

Ähnlicher Ansicht scheint in einer vergleichbaren Situation auch unser "Preisüberwacher" zu sein: «Monsieur Prix» schreitet bei Druckerpatronen nicht ein. Demnach würden Konsumenten "vor dem Kauf eines Geräts auch die Preise des Verbrauchsmaterials zu vergleichen". Dies sollte auch auf das oben angeführte Modell zutreffen ...

Der zuständige US-Richter liess die Klage vorläufig zu (siehe hier seine Entscheidung). Die weitere Entwicklungen in diesem und ähnlichen Fällen wird für die zukünftigen Vertriebsmodell von grösster Wichtigkeit sein.

Montag, Januar 15, 2007

 

Schweizer Praxis zum Kartellgesetz: RPW 2006/4


Auf der Webseite der Schweizer Wettbewerbskommission findet sich heute die aktuellste Ausgabe der Publikation "Recht und Politik des Wettbewerbs" (Jahrgang 2006/4).

Der Band enthält einige interessante Fälle:


Sonntag, Januar 14, 2007

 

Corazza's erste 90 Tage in der Weko


Im Tagi findet sich ein interessantes Interview mit dem neuen Direktor der Wettbewerbskommission Raffael Corazza. Der gesamte Text findet sich hier:

http://www.tagi.ch/dyn/news/wirtschaft/704171.html

Montag, November 20, 2006

 

Das Ende des Konzernprivilegs?


In der aktuellsten Augabe Nr. 11/2006 der "sic! - Zeitschrift für Immaterialgüter-, Informations- und Wettbewerbsrecht" findet sich ein explosiver Aufsatz von Patrick Krauskopf und Sophie Henckel mit dem unscheinbaren Titel " Art. 2 Abs. 1bis KG: Gedanken zum neuen Unternehmensbegriff".

Der Artikel 2 Abs 1 bis KG wurde in der Kartellgesetzrevision von 2003 eingeführt um auch marktaktive Verwaltungseinheiten von Bundesbehörden dem persönlichen Geltungsbereich des schweizerischen Kartellgesetzes unterstellt (dies war nach dem BGE 127 II 39 umstritten). Der neue Gesetzestext lautet wie folgt:

Als Unternehmen gelten sämtliche Nachfrager oder Anbieter von Gütern und Dienstleistungen im Wirtschaftsprozess, unabhängig von ihrer Rechts- oder Organisationsform.

Die Autoren vertreten nun die Auffassung, dass diese Formulierung nicht nur Verwaltungseinheiten dem persönlichen Geltungsbereich des Kartellgesetzes unterstellt, sondern auch konzerninterne Sachverhalte dem KG unterstellen will. Bisher galt auch in der Schweizer Kartellgesetz-Praxis das sog. Konzernprivileg, welches Vereinbarungen/Weisungen zwischen Konzerngesellschaften als kartellgesetzlich nicht relevant betrachtet. So hielt die Wettbewerbskommission z.B. im Entscheid Swisscom AG/Swisscom Fixnet AG betr. ADSL-Dienste (RPW 2004, S. 407 ff.; Rz. 58) folgendes fest:

Sofern die Muttergesellschaft ihre Tochtergesellschaften effektiv zu kontrollieren vermag und die Möglichkeit tatsächlich ausübt, so dass die Konzerngesellschafte nicht in der Lage sind, sich von der Muttergesellschaft unabhängig zu verhalten, wird der Konzern als Ganzes kartellrechtlich erfasst (selbstständige Wirtschaftseinheit), so dass die Tochtergesellschaften keine Unternehmen im Sinne von Artikel 2 KG darstellen.
Dieses Resultat entspricht auch der Lehre und Rechtsprechung zum Europäischen Wettbewerbsrecht.

Dies soll nun nicht mehr der Fall sein. So wird z.B. in bezug auf vertikal integrierte Unternehmen argumentiert, dass das KG auch auf das Verhältnis zwischen Tochter- und Muttergesellschaft anwendbar ist. Ansonsten könnten Unternehmen mittels vertikaler Integration ihrer Vertriebsgesellschaften die neuen Bestimmungen von Art. 5 Abs. 4 KG zu Vertikalvereinbarungen umgehen. Die Autoren formulieren dies wie folgt:
In diesen Fällen erscheint eine Anwendung des Kartellgesetzes auf Abreden zwischen den verschiedenen vertikal integrierten Marktakteuren gerechtfertigt: Die vom Gesetzgeber gewollte Verschärfung des materiellen Rechts (namentlich Art. 5 Abs. 4 KG) würde wirkungslos verpuffen, wenn sich selbige Unternehmen mittels vertikaler Integration aus der gesetzlichen Verantwortung stehlen könnten.
Dies übersieht, dass in diesen Fällen nicht von unabhängigen Unternehmen gesprochen werden kann, die sich im Geschäftsleben eigenständig verhalten können. Es handelt sich hier um Unternehmensgruppen, bei welchen ein Unternehmen das andere kontrolliert.

Die Statements der Mitarbeiter des Sekretariats der Wettbewerbskommission werden wohl nicht unwidersprochen bleiben.

Montag, November 13, 2006

 

Beschwerdelegitimation von Drittparteien


Das Schweizer Bundesgericht hat bestätigt, dass Dritte in Fusionskontrollentscheidungen nicht beschwerdelegitimiert sind. In Sachen Cablecom vs Swisscom/Cinetrade besagt der Entscheid 2A.161/2006 vom 12. Oktober, dass "Dritten ... keine Parteistellung zu[komme], weshalb sie auch nicht legitimiert seien, gegen Zusammenschlussvorhaben, denen die Wettbewerbskommission nicht opponiert habe, Beschwerde zu führen." Allein die am Prüfungsverfahren beteiligten Unternehmen seien im Prüfungsverfahren Parteien. Begründet wird dies mit der bestehenden Rechtsprechung und Auslegung in bezug auf Art. 43 Abs. 4 KG (vgl. BGE 131 II 497 i.S. Edipresse).

Das Bundesgericht sah keinen Anlass, auf diese Rechtsprechung zurückzukommen. Zudem wurden sämtliche Argumente basierend auf der EMRK abgewiesen. Die Rechtsweggarantie nach Art. 6 EMRK würde zur Anwendung kommen, "wenn das anwendbare nationale Recht dem Beschwerdeführer einen entsprechenden Rechtsanspruch einräumt, der auch durchsetzbar ist (
BGE 125 II 293 E. 5b S. 312)". Dies sei aber in casu gerade eben nicht der Fall. Zudem wird auf die möglichen "privatrechtlichen und zivilprozessualen Mittel" verwiesen. Auch ein Anspruch basierend auf Art. 13 EMRK (Rechtsbehelfsgarantie) und Art. 10 EMRK (Meinungsäusserungsfreiheit) wurde abgelehnt.

Unabhängig hiervon gilt es aber darauf hinzuweisen, dass die Anwendbarkeit der EMRK im Schweizer Kartellverfahren - insbesondere nach der Einführung von "strafrechtlichen" Bussgeldern - noch einige Diskussionen auslösen wird. Es sei hier z.B. auf die Hausdurchsuchungsverfahren und die Trennung der untersuchenden und entscheidenden Behörde hingewiesen.




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