Donnerstag, März 23, 2006

 

DRM Regulierung in Frankreich: Ein erster Interpretationsversuch


Dank der freundlichen Unterstützung von confrère Maître Raphaël Meyer, habe ich nun den am Freitag von der "Assemblée nationale" verabschiedete Text einsehen können. Es gilt zu beachten, dass der Text noch nicht definitiv ist, sondern noch der Zustimmung des Senats bedarf. Grössere Änderungen sind jedoch offenbar nicht zu erwarten.

Hier findet sich der Text des "Projet de loi relatif au droit d'auteur et aux droits voisins dans la société de l'information" sowie eine Übersicht des bisherigen Gesetzgebungsverfahrens.

In casu von besonderem Interesse ist der Artikel 7 des Gesetzesentwurfes. Dieser beschreibt einerseits technische Schutzmassnahmen, andererseits beinhaltet er die schon erwähnten Regeln betreffend Interoperabilität für Digital Rights Management (DRM) Systeme.

Technische Schutzmassnahmen werden wie folgt definiert: "Les mesures techniques efficaces destinées à empêcher ou limiter les utilisations non autorisées", i.e. als wirksame technische Schutzmassnahmen welche nicht erlaubte Verwendungen verhindern oder einschränken.

Das Kernstück - im Zusammenhang mit meinen Bemerkungen - ist dann der 4. Absatz, welche besagt: "Les mesures techniques ne doivent pas avoir pour effet d'empêcher la mise en œuvre effective de l'interopérabilité, dans le respect du droit d'auteur. Les fournisseurs de mesures techniques donnent l'accès aux informations essentielles à l'interopérabilité", i.e. dass technische Schutzmassnahmen nicht den Effekt haben dürfen, die effektive Umsetzung von Interoperabilität - unter Respektierung des Urheberrechts - zu verhindern. Die Hersteller von technischen Schutzmassnahmen müssen Zugang zu den notwendigen Interoperabilitätsinformationen ermöglichen.

Mir scheint diese Formulierung sehr offen für alle möglichen Interpretationen. Sicherlich, der Gesetzgeber hat hier offenbar an die Interoperabilität der verschiedenen Online-Musikdienste gedacht (siehe z.B. ZDNet.fr "Droit d'auteur et copie privée: décryptage du texte Dadvsi"). Da sich jedoch die technischen Schutzmassnahmen nicht nur auf Audiodateien beschränken, stellt sich die Frage natürlich auch für DVDs (z.B. betreffend Ländercodes - diese verhindern ja auch Interoperabilität; oder für die Kopie von DVDs in ein anderes Format, z.B. zum Abspielen auf einer PSP?), wie auch für zukünftige Rechteschutzmassnahmen im Zusammenhang mit HDTV-Inhalten.

Apple hat schon auf die neue Regelung reagiert (ZDNet.fr "Projet Dadvsi: Apple démolit les mesures relatives à l'interopérabilité") und kommuniziert folgendes: "L'application par la France de la directive européenne sur le droit d'auteur conduira à [une forme de] piratage parrainé par l'État". Eindeutige Worte; der Staat unterstütze so die (Urheberrechts)piraten. Doch die Regelung wird nicht nur Apple, sondern auch Microsoft betreffen. Auch die DRM-geschützten WMA-Dateien müssten dann interoperabel gemacht werden mit z.B. dem iPod.

Ein interessanter zusätzlicher Aspekt: Gemäss dem letzten Absatz des Artikel 7 darf die Publikation von Source code und technischer Dokumentation für ein unabhängiges Programm, welches rechtmässig Interoperabilität mit einer technischen Schutzmassnahme herstellt, nicht verboten werden. Dies wird dann wohl dazu führen, dass sämtliche Spezifikationen von technischen Schutzmassnahmen ohne Probleme weltweit verbreitet werden und sich die Auswirkungen somit - rein faktisch - nicht auf Frankreich beschränken. Bedroht dies das ganze Businessmodell der DRM Anbieter, wie auch der Rechteinhaber - zumindest in der heutigen Form?

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