Montag, Februar 27, 2006

 

British Airways/Virgin: Schlussanträge der Generalanwältin


Im Jahr 2000 auferlegte die EU Kommission British Airways eine Busse von 6.8 Millionen Euro aufgrund einer Kommissionsvereinbarung mit britischen Reiseveranstaltern, welche als verkappte Exklusivvereinbarung betrachtet wurde, da ein die Vereinbarung ein Treuerabatt ("loyalty rebate") beinhaltete, und dies als Missbrauch einer marktbeherrschender Position (Art. 82 EGV) betrachtet wurde (Fall IV/D-2/34.780 – Virgin/British Airways, Amtsblatt 2000 L30/1).

Das Gericht Erster Instanz bestätigte in der Entscheidung in Rechtssache T-219/99, dass die von BA angesetzen Anreize missbräuchlich waren, da sie dazu führten, dass BA's Konkurrenten nicht ausreichenden Marktzugang erhielten ("market foreclosure"). BA appellierte gegen dieses Urteil.

Nun wurden die Schlussanträge der Generalanwältin Kokott veröffentlicht, in welcher sie die Zurückweisung des Rechtsmittels beantragt. Interessant ist hierbei, dass sie in keiner Weise das von der Kommission kürzlich veröffentlichte Disussionspapier ("DG Competition discussion paper on the application of Article 82 of the Treaty to exclusionary abuses") zu Artikle 82 berücksichtigt oder sogar nur erwähnt. Es wird lediglich in einer Fussnote erwähnt, dass die Kommission ein derartiges Diskussionpapier plane.

Diese offensichtliche Nichtbeachtung aktuellster Entwicklungen scheint doch ein bisschen verwunderlich, denn immerhin ist das Diskussionspapier schon seit 2 Monaten erhältlich. Zudem enthält es in Bezug auf retroaktive Rabattvereinbarungen, welche sich auf die gesamten Bezüge innerhalb einer bestimmten Periode beziehen, ausführliche Berechnungsmodell (in para. 154), welche die Beurteilung und Bemessung der Verdrängungswirkung ermöglichen. Gerade dies ist eine der grossen Errungenschaften des Diskussionspapiers, da so zumindest eine gewisse Vorhersehbarkeit und somit auch Rechtssicherheit erreicht werden kann.

Es ist zu bedauern, dass hier die Gelegenheit nicht ergriffen wurde, um die vom Diskussionspapier erarbeiteten Methoden zu verifizieren.

Donnerstag, Februar 16, 2006

 

Microsoft vs EU Kommission: Stellungnahme betreffend Interoperabilität


Microsoft hat gestern im Zusammenhang mit der in der Entscheidung von 2004 verlangte Offenlegung der Schnittstelleninformationen eine Stellungnahme unterbreitet, in welcher dargelegt wird, dass Microsoft der Anordnung der Kommission genüge getan hätte. Zwecks Offenlegung der Schnittstelleninformationen bietet Microsoft, gemäss Pressemitteilung, folgendes an:
  1. 12'000 Seiten technische Dokumentation
  2. Zugang zum relevanten Source Code
  3. 500 Stunden technischer Support

Microsoft versucht mittels verschiedener Expertenberichte darzulegen, dass die zur Verfügung gestellten Informationen dem Industriestandard entsprechen.

Das Hauptproblem scheint mir in diesem Zusammenhnag zu sein, dass bei einem Auferlegung einer Lizenzierungspflicht ("compulsory license") durch die Kommission, bzw. in diesem Fall eine Offenlegungspflicht für Schnittstelleninformationen nicht in jedem Falle einfach auf ein bestehendes schon angebotenes Produkt zurückgegriffen werden kann, welches als Benchmark für eine korrekte Erfüllung der Pflicht angesehen werden kann. Da hier durch hoheitlichen Eingriff ein neues Produkt sozusagen kreiert wird, obliegt der Kommission ein Sonderpflicht zur genauen Definition dieses Produktes. Im Zusammenhnag mit der Diskussion mit der Kommission macht denn Microsoft auch folgendes Statement: "the Commission repeatedly refused to clearly define its requirements and concerns".

In den nächsten Tagen wird die Kommission entscheiden zu haben, ob die Offenlegung ausreichend war, oder ob andernfalls die angedrohte Busse von € 2 Millionen pro Tag verhängt wird. Die Einschätzung des Monitoring Trustee / Treuhänders wird hier wohl einen entscheidenden Einfluss haben.


Freitag, Februar 10, 2006

 

Für alle News-Junkies


Ein bisschen off-topic: Newsmap ist ein Serveice, der Google News graphisch umsetzt und die Stories nach Anzahl Meldungen gewichtet. Nicht sehr wissenschalftlich, aber dies erlaubt auf einen Blick die Übersicht über die wichtigsten News des Tages ... im hektischen Anwaltsleben kann dies ja hilfreich sein.

 

EU Kommission: CD-R Patentpool aufgehoben


Gemäss einer Pressemitteilung der Kommission vom 9. Februar 2006 ("Kommission stellt Verfahren nach Änderung der CD-R-Patentlizenzverträge von Philips ein") wurde wurde das Untersuchungsverfahren gegen Philips betreffend der von Philips in Europa verwalteten CD-R-Lizenzprogramme nach Änderung dieser Programme eingestellt. Philips überarbeitete die Lizenzprogramme dergestalt, dass alle notwendigen Informationen über die lizenzierte Technologie nunmehr verfügbar sind und die Programme in fairer und gleicher Weise verwaltet werden.

Insbesondere scheint der Technologiepool ("joint portfolio license") zwischen Philips, Sony und Taiyo Yuden beendet zu sein. Dies kann ein Hinweis darauf sein, dass die im Pool vereinten Technologien als substituierbar zu betrachten waren (vgl. Rz. 217 bis 219 der Leitlinien zur Anwendung von Artikel 81 EG-Vertrag auf Technologietransfer-Vereinbarungen). Wenn sich der Pool im Wesentlichen aus substituierbaren Technologien zusammensetzt, läuft die Poolvereinbarung darüber hinaus auf eine Preisfestsetzung zwischen Wettbewerbern hinaus. Deshalb betrachtet die Kommission im Regelfall die Einbeziehung von substituierbaren Technologien in einen Pool als einen Verstoß gegen Artikel 81 Absatz 1 EGV.

Zudem geht Philips folgende Verpflichtungen ein:

Auf der Licensing Website von Philips fanden sich heute noch die ursprünglichen Vereinbarungen betr. CR-R Technologien, welche mit folgender Begründung Sony und Philips Patente vereinen: "In order to avoid possible infringement of Philips' and Sony's patents, Philips is willing to grant CD, CD-R/RW licenses for Philips' and Sony's patents under standard terms and conditions". Mit dem Aufbrechen des Pools wird es interessant sein zu sehen, ob die Anwender nun auch Lizenzverträge mit Sony abschliessen müssen, um rechtlich genügend abgesichert zu sein.

Des weiteren kann in diesem Zusammenhang angemerkt werden, dass sich die Entscheidung nur auf CD-R Technologien bezieht. In Bezug auf die Lizenzvereinbarungen betreffend der Standard-CD-Typen (Audio-CD, CD-ROM, TEXT-CD und CD Extra) hat die Kommisison im Jahre 2003 mittels Verwaltungsschreiben ("comfort letter") festgestellt, dass, nach erfolgten Änderungen, sowohl die einem Technologiepool zwischen Sony und Philips zugrundeliegende Vereinbarung, wie auch der LIzenzvertrag mit Dritten den Wettbewerbsregeln entsprechen (siehe Pressemitteilung vom 7. August 2003 "EU-Kommission genehmigt CD-Lizenzprogramm von Philips und Sony ") .


Montag, Februar 06, 2006

 

Endesa / Gas Natural: Zulassung mit Auflagen


Wie zu erwarten war, hat die spanische Regierung die potentielle Übernahme von Endesa durch Gas Natural gebilligt. Die Regierung erliess jedoch in diesem Zusammenhang verschiedene Auflagen. Das aus dem Zusammenschluss resultierende Unternehmen müsste mehrere Kraftwerke verkaufen und zulassen, damit neue Anbieter als Konkurrenten auf den Markt kommen können. Über eine genaue Ausgestaltung der Auflagen scheint bisher nichts bekannt zu sein.

Weiterhin offen bleibt ob die Aktionäre von Endesa das Angebot überhaupt annehmen wollen. Zur Zeit liegt der Aktienkurs über dem von Gas Natural angebotenen Kaufpreis.

Donnerstag, Februar 02, 2006

 

Endesa / Gas Natural: Keine aufschiebende Wirkung


Der Präsident des Gerichts erster Instanz hat gestern in der Rechtssache T-417/05R Endesa v Komission entschieden, dass dem Rekurs von Endesa gegen die Kommissionentscheidung vom 15. November 2005 keine aufschiebende Wirkung zugesprochen wird. Siehe hier den Entscheid (auf Französisch, da die deutsche Version noch nicht verfügbar ist) und hier die Pressemitteilung (auf Englisch). Zur Erinnerung: Mit ihrer Entscheidung hat die Kommission die gemeinschaftsweite Bedeutung des Zusammenschlusses abgelehnt und die eigene Zuständigkeit verneint. Siehe hierzu meine früheren Beiträge hier und hier.
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Der Präsident musste sich insbesondere mit Frage auseinandersetzen, ob die Nichtgewährung einer aufschiebenden Wirkung zu einem schweren und nicht wiedergutzumachenden Schaden führen wird.

Bezüglich des Schadens macht der Präsident klar, dass nur die Interessen der rekurrierneden Partei, Endesa SA, in Betracht gezogen werden können. Die von Endesa vorgebrachten Interessen der Aktionäre könnten nicht berücksichtigt werden, da diese ihre Rechte selbständig geltend machen könnten. Bezüglich der Dringlichkeit für Endesa führt der Präsident aus, dass das öffentliche Übernahmeangebot nicht vor dem 15. Juni 2006 zu einer Übernahme durch Gas Natural führen kann. Da es sich beim Verfahren vor dem Gericht um ein beschleunigtes Verfahren im Sinne von Artikel 76bis der Verfahrensordnung handelt, könne das Verfahren prinzipiell bis zu diesem Zeitpunkt abgeschlossen sein.

Schliesslich setzt sich der Präsident mit der Frage auseinander ob Endesa nicht auch ein nationales Rechtsmittel zugestanden wäre und stellt fest, dass die Entscheidung des spanischen Ministerrates auch innerhalb des spanischen Rechtssystems angefochten werden könne um eine allfällige fehlende Zuständigkeit festzustellen. Diese Frage könne sodann ein spanisches Gericht auch wieder im Vorlageverfahren nach Art. 234 EGV dem EuGH vorlegen. Der Präsident hat demnach das Gesuch um aufschiebende Wirkung nicht stattgegeben.

Somit steht einer Entscheidung durch den spanischen Ministerrat nichts mehr im Wege und "through the grapevine" hört man, dass diese Entscheidung morgen fallen werde. Man darf gespannt sein, denn in jedem Fall wird uns dieser Fall noch eine Weile beschäftigen.



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