Montag, Oktober 10, 2005

 

Vitaminkartell/eingestellte Verhaltensweise: Kein legitimes Interesse der Kommission am Erlass einer Eintscheidung


Im Zusammenhang mit dem Vitaminkartell, welches im Jahr 2001 von der Kommission geahndet wurde, hat das Europäische Gericht erster Instanz am 6. Oktober eine interessante Entscheidung publiziert (Urteil in den verbundenen Rechtssachen T‑22/02 und T‑23/02, Sumitomo Chemical Co. Ltd und Sumika Fine Chemicals Co. Ltd gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften)

 

In Entscheidung 2003/2/EG vom 21. November 2001 (Sache COMP/E-1/37.512 – Vitamine) hat die Kommission festgestellt, dass mehrere Unternehmen durch die Beteiligung an einer Reihe von Vereinbarungen, die zwölf Märkte von Vitaminerzeugnissen, nämlich die der Vitamine A, E, B 1, B 2, B 5 und B 6, der Folsäure, der Vitamine C, D 3 und H, des Beta-Carotins und der Carotinoide betrafen, gegen Artikel 81 Absatz 1 EG und Artikel 53 Absatz 1 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) verstoßen haben. Die Unternehmen hätten "für die einzelnen Produkte Preise festgelegt und Absatzquoten zugewiesen, Preissteigerungen vereinbart und umgesetzt, Preisbekanntmachungen entsprechend ihren Vereinbarungen herausgegeben, die Produkte zu den vereinbarten Preisen verkauft, einen Mechanismus zur Überwachung und Sicherung der Einhaltung ihrer Vereinbarungen geschaffen und an regelmäßigen Zusammenkünften zur Umsetzung ihrer Pläne teilgenommen haben sollen."

 

Die japanischen Unternehmen Sumitomo Chemical Co. Ltd und Sumika Fine Chemicals Co. Ltd waren an Absprachen in zwei Märkten in dem Jahren 1991 bis 1994 beteiligt. Gegen diese beiden Unternehmen wurde keine Busse verhängt, da "die auf diesen Märkten festgestellten Verstöße mehr als fünf Jahre vor dem Zeitpunkt eingestellt worden waren, an dem die Kommission ihre Ermittlungen einleitete; deshalb sei Artikel 1 der Verordnung (EWG) Nr. 2988/74 des Rates vom 26. November 1974 über die Verfolgungs‑ und Vollstreckungsverjährung im Verkehrs- und Wettbewerbsrecht der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (ABl. L 319, S. 1) auf diese Verstöße anwendbar gewesen". Jedoch wurde den Unternehmen "aufgegeben, die Verstöße unverzüglich abzustellen, falls sie dies noch nicht getan haben, und sich künftig jeglicher Handlung und jeglichen Verhaltens zu enthalten, die denselben oder einen ähnlichen Zweck bzw. dieselbe oder eine ähnliche Wirkung haben".

 

Die Frage stellte sich hier natürlich, ob die Kommission berechtigt ist, in einem Verfahren, für welches die Verjährung für Geldbussen und Sanktionen eingetreten ist, überhaupt noch eine derartige Entscheidung gegen die Unternehmen zu fällen. Unter anderem brachten die japanischen Unternehmen vor, dass die Kommission unzuständig gewesen sei, da nach Ablaufe der Verjährungsfrist ein legitimes Interesse am Erlass der Entscheidung notwendig sei. Das Gericht stimmt dem insofern zu, als es anerkennt, dass die Kommission nur "einen Verstoß feststellen könne, den das betroffene Unternehmen bereits abgestellt habe, sofern die Kommission daran ein legitimes Interesse habe" (para. 130).

 

Die Kommission hat weder in ihrer Entscheidung, noch in ihren Vorbringen in der mündlichen Verhandlung vor dem Gericht ein legitimes Interesse darbringen können. Das Gericht schloss, "dass die Kommission bei Erlass der Entscheidung nicht geprüft hat, ob an der Feststellung der Verstöße der Klägerinnen ein legitimes Interesse bestehe, hat sie einen Rechtsfehler begangen, der zur Nichtigerklärung der Entscheidung führt".

 


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