Montag, Oktober 17, 2005

 

Microsoft: Anfechtung der "Open Source Entscheidung" der Kommission


Auch auf die Gefahr hin, dass mein Blawg zu sehr mit Microsoft spezifischen Einträgen gefüllt wird, füge ich der Saga einen weiteren Teil hinzu, denn die Entwicklungen in diesem Fall sind wohl von allgemein grossem Interesse:

Im Amtsblatt der Europäischen Union (C 257/16) vom 15.10.2005 findet sich die Zusammenfassung der Anfechtung durch Microsoft einer Entscheidung der Kommission vom 1. Juni 2005.

In dieser Entscheidung hatte die Kommission festgehalten, dass Microsoft "verpflichtet sei, die Verteilung von Software, die von Wettbewerbern auf der Grundlage der offen gelegten Spezifikationen des Windowsprotokolls entwickelt werde, an Dritte, die keine Lizenznehmer seien, in Quellcodeform zuzulassen, sofern die Software keine Erfindung der Klägerin enthalte, die die Kriterien der Neuheit und Erfindungshöhe erfülle."

Somit will die Kommission wohl sicherstellen, dass Open Source Softwareanbieter die Möglichkeit haben, die Windowsprotokolle von Microsoft zu lizenzieren. Interessant ist jedoch die Qualifikation, dass dies nur dann der Fall ist, wenn diese Protokolle keine Erfindungen enthalten welche die Kriterien der Neuheit und Erfindungshöhe erfüllen. Wie ist die zu verstehen? Sind "Erfindungen" im patentrechtlichen Sinne gemeint? Sind nur Protokolle geschützt, welche patentrechtlichem Schutz unterstehen? Falls die Protokollinformationen lediglich Geschäftsgeheimnisse sind, sind diese also nicht geschützt und somit indirekt der Öffentlichkeit freizugeben? Wenn dies der Fall ist, so macht es keinen Sinn überhaupt eine Lizenzierung für diese Protokolle zu verlangen, sondern es würde ausreichen, wenn Microsoft per se zur Offenlegung der Geschäftsgeheimnisse verpflichtet worden wäre. Dies scheint jedoch nicht der Inhalt der ursprünglichen Verfügung gewesen zu sein. Andererseits bedeutet dies für die Open Source Gemeinde, dass keine Protokolle lizenziert werden können, welche derartige "Erfindungen" enthalten.

Was ist die Meinung der Patentrechts-Spezialisten?

Microsoft hat in ihrer Begründung geltend gemacht, dass (i) Geschäftsgeheminisse aufgrund der neuen Verfügung nicht mehr gewährleistet wären, dass (ii) der Grundsatz der Verhätnismässigkeit verletzt sei, dass (iii) die Kriterien der Neuigkeit und Erfindungshöhe den Grundsatz der Rechtssicherheit verletzen würden, insbesondere da sie im Zusammenhang mit Geschäftsgeheimnissen schwer sinnvoll anzuwenden seien, und dass (iv) die Anordnung "verbindliche völkerrechtliche Grundsätze" verletze, da sie "zu einer weltweiten und damit extraterritorialen Preisgabe der Eigentumsrechte ... führe".




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