Montag, Januar 26, 2009

 

Choose your browser: Abhilfemassnahmen im Microsoft-Fall


Nachdem nun bekannt ist, dass die Europäische Kommission schon das Statement of Objections Microsoft zugestellt hat, erfahren wir nun mehr über die möglichen Konsequenzen.

Microsoft hat in ihrem aktuellsten SEC filing "Second quarter Form 10-Q" bekanntgegeben, was die Europäische Kommission zur Wiederherstellung des Wettbewerbs im Browser-Markt beabsichtigt (sofern denn der Wettbewerb effektiv beeinträchtigt ist):

"The statement of objections seeks to impose a remedy that is different than
the remedy imposed in the earlier proceeding concerning Windows Media Player.
While computer users and OEMs are already free to run any Web browsing software
on Windows, the Commission is considering ordering Microsoft and OEMs to
obligate users to choose a particular browser when setting up a new PC. Such a
remedy might include a requirement that OEMs distribute multiple browsers on new
Windows-based PCs. We may also be required to disable certain unspecified
Internet Explorer software code if a user chooses a competing browser. The
statement of objections also seeks to impose a significant fine based on sales
of Windows operating systems in the European Union.
"


Wenn also der Computer-Anwender - obwohl er könnte - keinen alternativen Browser installiert, so muss er laut der Europäischen Kommission dazu gezwungen werden. Ein interessanter Ansatz. Die Kommission sieht also das Betriebssystem als essentielle Vertriebsplattform und will entweder den Anwender zwingen vorab seinen Browser zu wählen oder gleich mehrere Browser installieren lassen. Ich frage mich, ob dies den Durchschnittsverbraucher nicht verwirren wird ...

Weiter scheint unklar, was die Konsequenz für weitere Produktbestandteile des Windows-Betriebssystems sein wird. Müssen diese Bestandteile nun auch multipel installiert werden? Müssen nun neben MSN/Windows Messenger auch ICQ & Co zusätzlich installiert werden? Wie sieht es mit Virenscannern und der Firewall aus?

Klar scheint sich aber zu zeigen, dass die Kommission mit der im ersten Microsfot-Fall gewählten Abhilfemassnahme nicht (mehr) glücklich ist. Die Verpflichtung zum Verkauf einer Version des Betriebssystems ohne Media Player (sog. "Windows XP N") hatte nicht den gewünschten Effekt (es wurden offenbar nur wenige hundert Exemplare ausgeliefert).

Sonntag, Januar 18, 2009

 

DG COMP vs. Microsoft Reloaded


Die Microsoft-Saga scheint weiterzugehen. Am Samstag hat die Europäische Kommission bekannt gegeben, dass Microsoft erneut Beschwerdepunkte (Statement of Objections) zugestellt wurden.

Hier findet sich die Pressemitteilung der Kommission:
http://europa.eu/rapid/pressReleasesAction.do?reference=MEMO/09/15&format=HTML&aged=0&language=DE&guiLanguage=en

Demnach geht die Kommission davon aus, dass die Bündelung des Internet Explorers mit dem Betriebssystem Windows "den Wettbewerb zwischen Web-Browsern behindert, die Produktinnovation unterläuft und dadurch letztlich die Auswahl für die Verbraucher einschränkt" und demnach Art. 82 EG verletze. Gemäss Aussagen der Kommission seien bei der Beurteilung die rechtlichen und ökonomischen Grundsätze des ersten Microsoft-Verfahrens (Teilbereich Media Player) zur Anwendung gekommen. Der Vorwurf ist, dass "ein künstlicher Vertriebsvorteil für den Internet Explorer geschaffen werde, der aufseiten anderer Web-Browser nicht ausgeglichen werden könne". Führt man diesen Gedanken zu Ende, so führt dies wohl dazu, dass sämtliche Bestandteile des "Windows Pakets" ungerechtfertigterweise mit dem Betriebssystem gebündelt werden ... we will see.

Microsoft hat nun 8 Wochen Zeit zur Stellungnahme. Danach wird - falls von Microsoft gewünscht - eine mündliche Anhörung stattfinden bevor die Kommission entscheidet. Sollte die Kommission erneut entscheiden, dass eine Bündelung unzulässig ist, so hat Microsoft wiederum mit einer erheblichen Busse (als "Wiederholungstäter") zu rechnen.

Interessant scheint mir das Timing des Verfahrens. Die Beschwerdepunkte wurden am letzten Tag der Bush-Administration veröffentlicht. Wir erinnern uns, dass das Bundling von Internet Explorer mit dem Betriebssystem Windows schon einmal Gegenstand eines wettbewerbsrechtlichen Verfahrens war. Im Jahr 1998 eröffnete das U.S. Department of Justice (DOJ) zusammen mit 20 U.S. Bundesstaaten in dieser Sachen ein Verfahren gegen Microsoft (siehe hier die relevanten Dokumente). In diesem Verfahren wurde am 7. Juni 2000 durch Richter Thomas Penfield Jackson die Aufteilung von Microsoft in zwei Unternehmensteile angeordnet. Kurz bevor eine neue Richterin dieses Verfahren fortsetzen konnte, liess das durch den damaligen Präsidenten Bush neu besetzte DOJ verlauten, dass nun plötzlich keine Aufteilung von Microsoft mehr beabsichtigt wird. Es kam zu einem Settlment zwischen Microsoft und DOJ, wonach insbesondere gewisse Interface Informationen zugänglich gemacht werden. Diese Massnahmen wurden damals von einigen Kommentatoren als unzureichend und als Entgegenkommen der Bush-Administration interpretiert. Jetzt, nachdem eine personelle Änderung bei der U.S. Behörde absehbar ist, scheint die Kommission nun also dieses mehr als 10 Jahre alte Verfahren nochmals in Europa aufzugreifen ...

Donnerstag, Januar 15, 2009

 

Die Katze ist aus dem Sack: Evaluationsbericht zum Kartellgesetz


Das Eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement hat heute den lange erwarteten Evaluationsbericht zum Kartellgesetz veröffentlicht. Der Evaluationsbericht wurde auf Basis von Art. 59a des 2003 revidierten Kartellgesetzes durch die Evaluationsgruppe Kartellgesetz im Auftrag des Bundes erstellt.

Hier findet sich die Pressemitteilung:
http://www.news.admin.ch/dokumentation/00002/00015/?lang=de&msg-id=24863


Der Gesamtbericht findet sich hier:
http://www.news-service.admin.ch/NSBSubscriber/message/attachments/14685.pdf

Im Rahmen der Erstellung des Syntheseberichts wurden zahlreiche Befragungen der Stakeholders durchgeführt und Einzelstudien zu Teilbereichen erstellt. Zudem wurden mehrere Expertenberichte zu Sonderfragen erstellt. Sämtliche relevanten Anhänge zum Evaluationsbericht finden sich hier:

http://www.weko.admin.ch/dokumentation/00216/index.html?lang=de

Der Synthesebericht enthält einige spannende Resultate:

  • Die geltende Organisation der Weko ist "zwingend zu ändern". Die Wettbewerbsbehörden sind dabei umfassend unabhängig auszugestalten (insbesondere ohne Interessenvertreter/innen), das Entscheidgremium ist zu professionalisieren und die Wettbewerbsbehörden sind in eine einstufige Behörde zu überführen.
  • Die Möglichkeiten zur internationalen Zusammenarbeit sind zu verbessern. Gewünscht werden Kooperationsabkommen zur Ermöglichung des Austauschs von vertraulichen Informationen.
  • Harmonisierung der Fusionskontrolle mit der EU, Einführung eines zeitgemässen Instrumentariums (SIEC-Test, Effizienzeinrede und dynamischer Konsumentenwohlfahrt-Standard) sowie die Überprüfung der Aufgreifkriterien von Zusammenschlüssen.
  • Aufgrund der Vertikalbekanntmachung und der gesetzlichen Regelung betr. Vertikalabreden besteht die Gefahr, dass effiziente vertikale Vereinbarungen zwischen Marktteilnehmenden verschiedener Marktstufen verhindert werden. Anpassungen in Gesetz und Vollzug sind deshalb notwendig. Bei der Beurteilung muss auch dem Wettbewerb zwischen Marken (Interbrand-Wettbewerb) Bedeutung zukommen.
  • Zivilrechtliches Verfahren ist aufzuwerten (Beweisführung, der Aktivlegitimation und dem Schadenersatz).
  • Punktuelle Anpassungen im Verfahrensrecht notwendig.
  • Einführung von Verwaltungssanktionen gegen natürliche Personen ist deshalb zu prüfen (inkl. Bonusregelung für natürliche Personen).

Das wird für einigen Gesprächsstoff sorgen. Gewisse dieser Punkte könnten die bisherigen Praxis und Ausrichtung der Schweizer Wettbewerbspolitik grundlegend und nachhaltig verändern. Jetzt können wir gespannt die weiteren Entwicklungen abwarten.

 

Back to life!


Liebe Blog-Leserinnen und -Leser

Lange ist es her. Mit Schrecken habe ich festgestellt, dass ich meinen Blog nun schon seit mehr als einem Jahr sträflichst vernachlässigt habe. Die Belastung im Anwaltsleben war hier ein nicht zu unterschätzender Faktor ....

Unterdessen gibt es gewichtige Veränderungen zu berichten: Nach etwas mehr als zwei Jahren an meiner alten Arbeitsstelle habe ich mich zu einer Neuorientierung entschlossen. Seit dem 1. Januar 2009 arbeite ich nun als Anwalt im Zürcher Büro der Anwaltskanzlei Schellenberg Wittmer und bin hauptsächlich in den Bereichen des CH- und EU-Wettbewerbsrechts, sowie IP- und IT-Recht tätig. Ich verstärke hier das schlagkräftige Team rund um die Wettbewerbsrechts-Koryphäe Jürg Borer.

Ich hoffe, dass ich mit frischem Elan und Tatendrang diesen Blog wiederum ein bisschen regelmässiger "füttern" kann!



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